500 Jahre alter Bestand wieder vereint: Warschitz-Archivalien kehren zurück ins Spitalarchiv Regensburg

Einzigartige Dokumente zur europäischen Diplomatiegeschichte kehren in das Regensburger Spitalarchiv zurück: Der Nachlass des Diplomaten Johann Maria Warschitz aus dem 16. Jahrhundert wird dank einer Schenkung der Diözese Eichstätt nun dauerhaft im Archiv der St. Katharinenspitalstiftung zusammengeführt und dadurch für die Forschung leichter zugänglich. Der notarielle Beurkundungsakt der Schenkung und die symbolische Übergabe des historischen Bestandes im Beisein von Amtschef Thomas Schäfers (Diözese Eichstätt), Spitalmeister Wolfgang Konrad Lindner und Spitalarchivarin Kathrin Pindl fand am 21.08.2025 in Regensburg statt.

 

Seit 500 Jahren lagern im Regensburger St. Katharinenspital sechs Leinentaschen mit dem „mobilen Privatarchiv“ eines frühneuzeitlichen Diplomaten. Ihr Eigentümer hatte sie dort für eine spätere Abholung deponiert, zu der es allerdings nie kam. Der Inhalt erzählt vom spannenden Alltag eines Gesandten im 16. Jahrhundert. Johann Maria Warschitz arbeitete zwischen 1519 und 1531 als "flexibel einsetzbarer Reisebegleiter, Dolmetscher, Quartiermeister, Informant, Chronist, Spion, Geldbeschaffer, Schuldeneintreiber, Einkäufer, Kurier, Agent, Sekretär, Berater, Geheimunterhändler und auch Gesandter für den Regenten der Oberpfalz und jüngeren Bruder des pfälzischen Kurfürsten Ludwig V. (1478 – 1544)", wie Georg Kaulfersch in seiner 2025 veröffentlichten Monographie die Aufgaben des gebürtigen Norditalieners zusammenfasst.

 

Warschitz war in der Frühen Neuzeit zwischen Prag und Portugal, zwischen Cambrai und Konstantinopel in ganz Europa unterwegs. Das Konvolut enthält Geschäftspost, Pässe und Geleitschreiben, Urkunden, aber auch Briefe, darunter auch romantische Liebesbriefe, Gedichte, Quittungen, Notizzettel, Aufzeichnungen in Geheimschrift und dazu passende Chiffrierschlüssel, Routenblätter, Reisetagebücher, das älteste tschechisch-deutsche
Konversationslexikon, Lieder und vieles mehr.


In den vergangenen Jahrhunderten wurde das Spitalarchiv in Krisenzeiten manchmal zur Auslagerung seiner Bestände gezwungen. Dadurch kam es beim Warschitz-Bestand zu Verlusten – unter anderem ging das handschriftliche Originalmanuskript von Maximilian Transylvanus’ Beschreibung der ersten Weltumseglung durch Ferdinand Magellan verloren, das Warschitz Ende 1522 vom spanischen Valladolid nach Mitteleuropa gebracht hatte. Teile des Nachlasses von Johann Maria Warschitz gelangten in den Besitz des Dompropstes Thomas David Popp (1777-1858), der vor seiner Berufung ins Eichstätter Domkapitel Lyzealprofessor in Regensburg und Amberg war. Im 19. Jahrhundert kamen diese Bestände nach Eichstätt. Deswegen gibt es im Diözesanarchiv Eichstätt zwei Aktenbündel (DAEI, e8 1/2), welche dem Nachlass Warschitz zuzurechnen sind.


Um es Forschern künftig zu erleichtern, den gesamten Bestand auf einen Blick untersuchen zu können, werden beide Nachlassteile nun dauerhaft im Zuge einer Schenkung der Diözese Eichstätt an die St. Katharinenspitalstiftung zusammengeführt, da sich der größere Teil des Nachlasses in Regensburg befindet und dieser Teil auch wesentlich häufiger in der bisherigen Forschung Erwähnung gefunden hat. Der Nachlass von Johann Maria Warschitz war zuletzt Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen in der jüngst erschienenen bahnbrechenden Monographie des Frühneuzeithistorikers Georg Kaulfersch.

 

In den 250 Seiten aus Eichstätt enthalten sind Briefe über allerlei Reichssachen wie Türkenhilfe, Reichszoll, Heiratsprojekte, Reichstag, England, Frankreich, Neapel, die Fugger, primae preces (auch in Geheimschrift, wozu der Schlüssel beiliegt) sowie Abrechnungen über Reisen an den kaiserlichen Hof nach Spanien und Brüssel sowie zum Papst. Die Quellen sind in den Sprachen Deutsch, Italienisch, Französisch und Spanisch verfasst. Darüber hinaus enthält das Konvolut einen Versuch von 1811, Warschitz´ Geheimschrift zu entziffern.

 

Im Bild v.l.n.r.: Amtschef Thomas Schäfers (Diözese Eichstätt), Spitalarchivarin Kathrin Pindl, Spitalmeister Wolfgang Lindner bei der symbolischen Übergabe des Konvoluts anlässlich des Notariatsakts.